AMTSGERICHT Tettnang ...................................Eingegangen
27.12.2004
Im Namen des Volkes
Urteil
Strafsache gegen den am xx.xx.1947 in xxxxx gelernten Krankenpfleger W. R.xxx
Verteidiger: Rechtsanwalt Hubert Waizenegger, Gartenstr. 7, 88212 Ravensburg
wegen Verstoßes gegen das Heilkundegesetz.
Das Amtsgericht Tettnang hat in der Sitzung vom 28.10.2004,
woran teilgenommen haben
Richter am Amtsgericht Geiger - Als Strafrichter
Amtsanwalt Lauber - Als Beamter der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwalt Waizenegger - Als Verteidiger
Justizsekretärin Gerster - Als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
1) Der Angeklagte wird
f r e i g e s p r o c h e n .
2) Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen
Auslagen des Angeklagten.
G r ü n d e :
Es konnte nicht mit einer für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit
festgestellt werden, dass die vom Angeklagten ausgeübte Tätigkeit
der „Synergetik-Therapie“ eine Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes
darstellt
Gemäß § 1 Heilpraktikergesetz bedarf einer Erlaubnis, wer Heilkunde
ausüben will, nach der Legaldefinition ist Heilkunde jede berufs- oder
gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung
oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erfordert die verfassungskonforme
Auslegung dieser Vorschrift als weiteres Wesensmerkmal, dass die Tätigkeit
nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnis voraussetzt und dass
die Behandlung gesundheitliche Schäden verursachen kann, wobei nach dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein nur geringfügiges
Gefahrenmoment nicht ausreicht (vergleiche Bundesverfassungsgericht NRW 2004,
Seite 2890 mit weiteren Nachweisen).
Nach der Einlassung des Angeklagten, die im Einklang mit den verlesenen Angaben
der Zeuginnen Heiß und Breitmeier-Steiner stand, leitet er seine Kunden
zur Selbstheilung in Tiefenentspannung an ohne dabei eine Diagnose zu stellen.
Nachdem das zuständige Gesundheitsamt anfänglich die Tätigkeit
des Angeklagten als erlaubnisfrei akzeptiert und erst später das Regierungspräsidium
den Angeklagten darauf hingewiesen hat, dass es die Tätigkeit des Angeklagten
doch als Heilkunde betrachte, hat dem der Angeklagte zwar widersprochen, jedoch
unwiderlegbar gleichzeitig für seine Kunden ein Merkblatt ausgelegt, unter
anderem mit dem Hinweis, dass die Therapie keine ärztliche, psychotherapeutische
oder heilpraktische Behandlung ersetzt.
Unter Würdigung der Gesamtumstände war zum einen davon auszugehen,
dass die vom Angeklagten ausgeübte „Synergetik-Therapie“ nicht
im Bereich der Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes angesiedelt
werden kann. Zum anderen bestanden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass
die Behandlung gesundheitliche Schäden verursachen kann (vergleiche hierzu
auch den Beschluss des Bayrischen Verwaltungsgerichts München vom 08.09.2004
(Blatt 507/518 der Akten) und den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts
vom 27.05.2004 (Blatt 419/528 der Akten).
Der Angeklagte war daher aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.
-Geiger-
Richter am Amtsgericht
/Fl.