Landeshauptstadt München
Referat für Gesundheit und UmweltBayerisches Verwaltungsgericht München
Postfach 20 05 43
80005 München


14.06.2004

Verwaltungsstreitsache
Bxxxx Mxxxxx
vertreten durch Kanzlei Prof. Dr. Rohlfing et al.

gegen Landeshauptstadt München
Referat für Gesundheit und Umwelt
wegen Untersagung des Anbietens u
nd der Durchführung der
„Synergetik-Therapie“
Anträge nach § 80 VwGO/§ 123 VwGO

Az: M 16 Se 04.2831

Im Nachgang zu unserem Schreiben vom 01.06.2004 in gleicher Sache nehmen wir ergänzend Stellung zu der weiteren Argumentation der Ast., die uns in Gestalt ihrer Widerspruchsbegründung vom 19.05.2004 (Anlage) nunmehr vorliegt. (Diese Korrespondenz der Ast. Konnte, da laut Allg. Geschäftsanweisung LHM wie „Privatpost“ für den Unterzeichner adressiert, erst nach dessen Rückkehr aus dem Urlaub geöffnet und bearbeitet werden.)

Ziff. 1
Hierzu wäre auf den Kommentar von Dünisch / Bachmann zum HprG zu verweisen, in dem es in Rdnr. 6.4 § 1 heißt:
„Das von der Rechtsprechung ... entwickelte Tatbestandskriterium „ärztliches Fachwissen““ – laut Kommentar (a.a.O.) sollte nach neuerer Rechtspr. Besser der Begriff „heilkundliches Fachwissen“ verwendet werden – „wird bisweilen dahin missverstanden, als ob es hierbei darauf ankäme, was Ärzte selbst gelernt haben ... oder ob sie typischerweise das fragliche Verfahren selbst anwenden. Stellte man darauf ab, so würde sich das Recht der nichtärztlichen Heilkundeausübung von selbst aus den Angeln heben, da sich dann nichtärztliche Heilbehandler nur möglichst weit von den Regeln der medizinischen Wissenschaft entfernen müssten, um der Anwendung des HprG zu entgehen. Gerade nichtärztliche Heilbehandler bedienen sich aber traditionell und bevorzugt medizinwissenschaftlich nicht anerkannter (...) Verfahren, und gerade sie soll aber das HprG erfassen. Ob eine Heilmaßnahme „ärztlicher“ (= heilkundliche, d. Verf.) „Fachkenntnisse“ erfordert, bestimmt sich nicht nach den Ausbildungsinhalten des Arztberufes, sondern nach „allgemeiner Auffassung“ (...). Ob und welche heilkundlichen Fachkenntnisse konkret erforderlich sind, um unmittelbar mit der nichtärztlichen Behandlung verbundene Risiken auszuschalten bzw. zu minimieren, ist naheliegenderweise anhand der Grundkenntnisse zu beurteilen, die Gegenstand der Kenntnisüberprüfung gem. § 2 Abs. 1 Buchst. I DV/HprG sind.“
Es sind bei der in Rede stehenden Tätigkeit der Ast. Als einer – wie wir weiterhin entsprechend unseren aktenkundigen Informationen behaupten – Art der suggestiv-hypnotischen, oder doch dieser nahe stehenden, Behandlung medizinische Fachkenntnisse erforderlich, z.B. um Kontraindikationen ausschließen zu können.
Sollte man jedoch zu dem Ergebnis kommen, dass eine solche Art der Behandlung hier nicht vorliegt, so wären heilkundliche Fachkenntnisse des Tätigen jedenfalls aber immer noch erforderlich; zum einen damit er die Frage beantworten kann, „ob die Behandlung begonnen werden darf“ (a.a.O., Rdnr. 6.3 zu § 1), aber auch gerade mit Bezug auf der Psychotherapie gleichkommende oder nahe stehende Tätigkeiten, „schon wegen der Gefahr der Verkennung der wahren Krankheitsursache“ (a.a.O., Rdnr. 6.5 zu § 1).

Ziff. 2 und 3
In der Frage der unmittelbaren, und nicht nur mittelbaren, Gefährlichkeit der Synergetik-Therapie als einer Art suggestiv-hypnotischer Behandlung, und gerade wegen dieser Eigenschaft, muss sich der Unterzeichner als medizinischer Laie auf die uns vorliegenden fachlichen Stellungnahmen verlassen, namentlich der Eberhard-Karls-Universität Tübingen vom 27.06.2003 (Bl. 68) sowie des Amtsarztes Dr. Hepp, Gesundheitsamt Goslar, vom 06.01.2004 (Bl. 57), welch letzterer auch die Bl. 62) gefolgt ist und der vom Verwaltungsgericht Braunschweig nicht explizit widersprochen wurde (Bl. 88).
Es erscheint jedoch sinnvoll, mit der Klärung der Frage nach der Hypnoseartigkeit und damit der unmittelbaren typischerweise bestehenden Gefährlichkeit der Synergetik-Therapie einen oder mehrere fachlich kompetente(n), unabhängige(n) Gutachter zu beauftragen, sofern das Gericht Zweifel an der von uns vertretenen Auffassung hegen sollte.

Ziff. 4
Hier fiel der Einwand auf, es handle sich bei der Synergetik-Therapie um eine „Dienstleistung der „Inneren Selbsterfahrung““, die „auf ganz autonome und nicht manipulierbare Weise erfahren“ werde. Wenn man sich jedoch das „Sitzungsbeispiel“ aus dem von der Ast. Eingereichten, von ihr selbst verfassten Zeitschriftenartikel durchliest, so hat man zumindest als Laie nicht das Gefühl, der sog. Profiler („Pr.“) würde hier in keiner Weise eingreifen oder lenkend tätig werden. Vielmehr erteilt er während der protokollierten Sitzung dem Klienten immer wieder Anweisungen/Aufforderungen (an einer Stelle auch so bezeichnet), was er nun „tagträumen“ oder sich vorstellen solle, und gibt auch wiederholt Deutungen der Träume und Fantasien des Klienten. Diese Problematik wäre aber auch wie im vorigen Absatz angeregt am besten durch einen Gutachter zu klären, den das Gericht wahrscheinlich ohnehin spätestens vor der Hauptverhandlung bestellen wird.
Wir erlauben uns auch darauf hinzuweisen, dass hier die Ast. Selbst zugibt, es andle sich um einen „komplexen Sachverhalt“. Angesichts dieser eingeräumten Komplexität dürfte es klar sein, dass von uns nicht erwartet werden konnte, schon von vornherein eindeutig zu erkennen, dass es sich bei der Synergetik-Therapie nicht um Heilkunde im Sinne des HprG handelt. Vielmehr erschien es angesichts der in der Summe überwiegenden, für die Einstufung als Heilkunde sprechenden Argumente – so z.B. auch der Einschätzungen des bayerischen und des niedersächsischen Gesundheitsministeriums (Bl. 1/2; 67) – geboten, eine Anordnung zur Gefahrenabwehr – die per se, von ihrer Rechtsnatur und Intention her nicht das letzte Wort darzustellen braucht – zu erlassen und bezüglich einer so weit wie möglich in die Tiefe gehenden Klärung die Betr. Auf den Verwaltungsrechtsweg zu verweisen.

Ziff. 5
Wie bereits hinlänglich (Bl. 125; 137/138) von uns ausgeführt, halten wir das Urteil des BVerfG vom 02.03.2004, Az 1 BvR 784/03, nicht für auf die vorliegende Fallkonstellation anwendbar. Da es sich demnach um einen sonstigen Fall handelt, wäre auf die Ausführung in Dünisch/Bachmann zu verweisen, so auf Rdnr. 1.2 zu § 1, in der es heißt: „Auch die Erklärung des Behandlers gegenüber seinen Patienten, keine Krankheiten heilen oder lindern zu können oder der bloße Hinweis, die Behandlung könne die eines befugten Therapeuten nicht ersetzen, obwohl die konkrete Tätigkeit objektiv Ausübung der Heilkunden ist, befreit nicht vom Erlaubnisvorbehalt ...“. Weitere Fundstellen derselben Richtung sind Rdnr. 6.2 zu § 1, in der es heißt: „Auch ist der Begriff „Ausübung der Heilkunde“ abstrakt-objektiv auszulegen, so dass es auf persönliche Eigenschaften“ (des Behandlers)“ nicht ankommt, ebenso wenig wie auf Erklärungen des Behandlers gegenüber den Patienten, weder die Heilkunde ausüben zu wollen noch dies zu können (...)“ sowie Rdnr. 6.6.3 zu § 1, wonach „das Heilpraktikergesetz als Teil des öffentlichen Rechts und dessen Erlaubnisvorbehalt nicht der Disposition zwischen Behandler und Behandeltem unterliegt (...)“.
Im übrigen war es natürlich gerade die Intention der angefochtenen Anordnung des Referats, wegen der Gefahr, dass mit der Tätigkeit gegen Strafgesetze verstoßen und Klienten geschädigt werden könnten, bezüglich der gewerblichen Ausübung der Synergetik-Therapie ein Berufsverbot gegenüber der Betr. Zu erlassen. Inwieweit hierdurch evtl. das Grundrecht der Berufsfreiheit der Betr. Verletzt und über die verfassungskonformen Schranken dieses Grundrechts unzulässigerweise hinausgegangen wurde, wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein. Wir bestreiten dies jedenfalls.

Ziff. 6
Grundsätzlich ist gegen den Wunsch der Ast., auf ihren Internetseiten, ggf. auch mithilfe von Links, den „Hintergrund ihrer Forschung darlegen“ sowie ihre „Ausbildungsherkunft“ darstellen zu können, nicht einzuwenden. Im vorliegenden Fall war während des Zeitraums unserer Ermittlungen die zum Erlass der beanstandeten Anordnung führten, jedoch keinerlei Hinweis darauf erkennbar, dass die Links zu den Seiten des Herrn Joschko bzw. seines Instituts lediglich der Hintergrund- und Herkunftsinformation dienen sollten und im übrigen eine so ausreichende Distanz der Ast. Zu Herrn Joschkos Darstellungen da sei, dass bei ihr nicht von Ausübung der Heilkunde im Sinne des HprG oder einem entsprechenden Anbieten ausgegangen werden bzw. auch bei potentiellen Klienten nicht der Eindruck einer Krankenbehandlung entstehen konnte. Insbesondere einen „rechtlich einwandfreien disclaimer“ konnten wir bis dato und auch bei einem Aufruf der Site der Ast. (www.molnar-energy.de) mit unserem technisch aktuellen Browser (Mozilla) am heutigen Tage nicht feststellen; vielmehr war unter „Sitzungen“ wie schon bisher die Nennung einer Vielzahl konkreter Krankheitsbilder und Krankengeschichten sowie ein Link zu Herrn Joschkos Institut enthalten. Zu diesen Darstellungen konkreter Krankheiten und deren Bedeutung haben wir uns bereits auf Bl. 47/48, 125 und 138 geäußert.

Ziff. 7
Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass unser angefochtener Bescheid, insbesondere auch der hierin angeordnete Sofortvollzug, zulässig, begründet und rechtmäßig ist.

Im Auftrag
Dobmeier
Verwaltungsoberinspektor

Anlage