14.06.2004
Verwaltungsstreitsache
Bxxxx Mxxxxx
vertreten durch Kanzlei Prof. Dr. Rohlfing et al.
gegen Landeshauptstadt München
Referat für Gesundheit und Umwelt
wegen Untersagung des Anbietens u
nd der Durchführung der
„Synergetik-Therapie“
Anträge nach § 80 VwGO/§ 123 VwGO
Az: M 16 Se 04.2831
Im Nachgang zu unserem Schreiben vom 01.06.2004 in gleicher Sache nehmen wir
ergänzend Stellung zu der weiteren Argumentation der Ast., die uns in Gestalt
ihrer Widerspruchsbegründung vom 19.05.2004 (Anlage) nunmehr vorliegt.
(Diese Korrespondenz der Ast. Konnte, da laut Allg. Geschäftsanweisung
LHM wie „Privatpost“ für den Unterzeichner adressiert, erst
nach dessen Rückkehr aus dem Urlaub geöffnet und bearbeitet werden.)
Ziff. 1
Hierzu wäre auf den Kommentar von Dünisch / Bachmann zum HprG zu verweisen,
in dem es in Rdnr. 6.4 § 1 heißt:
„Das von der Rechtsprechung ... entwickelte Tatbestandskriterium „ärztliches
Fachwissen““ – laut Kommentar (a.a.O.) sollte nach neuerer
Rechtspr. Besser der Begriff „heilkundliches Fachwissen“ verwendet
werden – „wird bisweilen dahin missverstanden, als ob es hierbei
darauf ankäme, was Ärzte selbst gelernt haben ... oder ob sie typischerweise
das fragliche Verfahren selbst anwenden. Stellte man darauf ab, so würde
sich das Recht der nichtärztlichen Heilkundeausübung von selbst aus
den Angeln heben, da sich dann nichtärztliche Heilbehandler nur möglichst
weit von den Regeln der medizinischen Wissenschaft entfernen müssten, um
der Anwendung des HprG zu entgehen. Gerade nichtärztliche Heilbehandler
bedienen sich aber traditionell und bevorzugt medizinwissenschaftlich nicht
anerkannter (...) Verfahren, und gerade sie soll aber das HprG erfassen. Ob
eine Heilmaßnahme „ärztlicher“ (= heilkundliche, d. Verf.)
„Fachkenntnisse“ erfordert, bestimmt sich nicht nach den Ausbildungsinhalten
des Arztberufes, sondern nach „allgemeiner Auffassung“ (...). Ob
und welche heilkundlichen Fachkenntnisse konkret erforderlich sind, um unmittelbar
mit der nichtärztlichen Behandlung verbundene Risiken auszuschalten bzw.
zu minimieren, ist naheliegenderweise anhand der Grundkenntnisse zu beurteilen,
die Gegenstand der Kenntnisüberprüfung gem. § 2 Abs. 1 Buchst.
I DV/HprG sind.“
Es sind bei der in Rede stehenden Tätigkeit der Ast. Als einer –
wie wir weiterhin entsprechend unseren aktenkundigen Informationen behaupten
– Art der suggestiv-hypnotischen, oder doch dieser nahe stehenden, Behandlung
medizinische Fachkenntnisse erforderlich, z.B. um Kontraindikationen ausschließen
zu können.
Sollte man jedoch zu dem Ergebnis kommen, dass eine solche Art der Behandlung
hier nicht vorliegt, so wären heilkundliche Fachkenntnisse des Tätigen
jedenfalls aber immer noch erforderlich; zum einen damit er die Frage beantworten
kann, „ob die Behandlung begonnen werden darf“ (a.a.O., Rdnr. 6.3
zu § 1), aber auch gerade mit Bezug auf der Psychotherapie gleichkommende
oder nahe stehende Tätigkeiten, „schon wegen der Gefahr der Verkennung
der wahren Krankheitsursache“ (a.a.O., Rdnr. 6.5 zu § 1).
Ziff. 2 und 3
In der Frage der unmittelbaren, und nicht nur mittelbaren, Gefährlichkeit
der Synergetik-Therapie als einer Art suggestiv-hypnotischer Behandlung, und
gerade wegen dieser Eigenschaft, muss sich der Unterzeichner als medizinischer
Laie auf die uns vorliegenden fachlichen Stellungnahmen verlassen, namentlich
der Eberhard-Karls-Universität Tübingen vom 27.06.2003 (Bl. 68) sowie
des Amtsarztes Dr. Hepp, Gesundheitsamt Goslar, vom 06.01.2004 (Bl. 57), welch
letzterer auch die Bl. 62) gefolgt ist und der vom Verwaltungsgericht Braunschweig
nicht explizit widersprochen wurde (Bl. 88).
Es erscheint jedoch sinnvoll, mit der Klärung der Frage nach der Hypnoseartigkeit
und damit der unmittelbaren typischerweise bestehenden Gefährlichkeit der
Synergetik-Therapie einen oder mehrere fachlich kompetente(n), unabhängige(n)
Gutachter zu beauftragen, sofern das Gericht Zweifel an der von uns vertretenen
Auffassung hegen sollte.
Ziff. 4
Hier fiel der Einwand auf, es handle sich bei der Synergetik-Therapie um eine
„Dienstleistung der „Inneren Selbsterfahrung““, die
„auf ganz autonome und nicht manipulierbare Weise erfahren“ werde.
Wenn man sich jedoch das „Sitzungsbeispiel“ aus dem von der Ast.
Eingereichten, von ihr selbst verfassten Zeitschriftenartikel durchliest, so
hat man zumindest als Laie nicht das Gefühl, der sog. Profiler („Pr.“)
würde hier in keiner Weise eingreifen oder lenkend tätig werden. Vielmehr
erteilt er während der protokollierten Sitzung dem Klienten immer wieder
Anweisungen/Aufforderungen (an einer Stelle auch so bezeichnet), was er nun
„tagträumen“ oder sich vorstellen solle, und gibt auch wiederholt
Deutungen der Träume und Fantasien des Klienten. Diese Problematik wäre
aber auch wie im vorigen Absatz angeregt am besten durch einen Gutachter zu
klären, den das Gericht wahrscheinlich ohnehin spätestens vor der
Hauptverhandlung bestellen wird.
Wir erlauben uns auch darauf hinzuweisen, dass hier die Ast. Selbst zugibt,
es andle sich um einen „komplexen Sachverhalt“. Angesichts dieser
eingeräumten Komplexität dürfte es klar sein, dass von uns nicht
erwartet werden konnte, schon von vornherein eindeutig zu erkennen, dass es
sich bei der Synergetik-Therapie nicht um Heilkunde im Sinne des HprG handelt.
Vielmehr erschien es angesichts der in der Summe überwiegenden, für
die Einstufung als Heilkunde sprechenden Argumente – so z.B. auch der
Einschätzungen des bayerischen und des niedersächsischen Gesundheitsministeriums
(Bl. 1/2; 67) – geboten, eine Anordnung zur Gefahrenabwehr – die
per se, von ihrer Rechtsnatur und Intention her nicht das letzte Wort darzustellen
braucht – zu erlassen und bezüglich einer so weit wie möglich
in die Tiefe gehenden Klärung die Betr. Auf den Verwaltungsrechtsweg zu
verweisen.
Ziff. 5
Wie bereits hinlänglich (Bl. 125; 137/138) von uns ausgeführt, halten
wir das Urteil des BVerfG vom 02.03.2004, Az 1 BvR 784/03, nicht für auf
die vorliegende Fallkonstellation anwendbar. Da es sich demnach um
einen sonstigen Fall handelt, wäre auf die Ausführung in Dünisch/Bachmann
zu verweisen, so auf Rdnr. 1.2 zu § 1, in der es heißt: „Auch
die Erklärung des Behandlers gegenüber seinen Patienten, keine Krankheiten
heilen oder lindern zu können oder der bloße Hinweis, die Behandlung
könne die eines befugten Therapeuten nicht ersetzen, obwohl die konkrete
Tätigkeit objektiv Ausübung der Heilkunden ist, befreit nicht vom
Erlaubnisvorbehalt ...“. Weitere Fundstellen derselben Richtung sind Rdnr.
6.2 zu § 1, in der es heißt: „Auch ist der Begriff „Ausübung
der Heilkunde“ abstrakt-objektiv auszulegen, so dass es auf persönliche
Eigenschaften“ (des Behandlers)“ nicht ankommt, ebenso wenig wie
auf Erklärungen des Behandlers gegenüber den Patienten, weder die
Heilkunde ausüben zu wollen noch dies zu können (...)“ sowie
Rdnr. 6.6.3 zu § 1, wonach „das Heilpraktikergesetz als Teil des
öffentlichen Rechts und dessen Erlaubnisvorbehalt nicht der Disposition
zwischen Behandler und Behandeltem unterliegt (...)“.
Im übrigen war es natürlich gerade die Intention der angefochtenen
Anordnung des Referats, wegen der Gefahr, dass mit der Tätigkeit gegen
Strafgesetze verstoßen und Klienten geschädigt werden könnten,
bezüglich der gewerblichen Ausübung der Synergetik-Therapie ein Berufsverbot
gegenüber der Betr. Zu erlassen. Inwieweit hierdurch evtl. das Grundrecht
der Berufsfreiheit der Betr. Verletzt und über die verfassungskonformen
Schranken dieses Grundrechts unzulässigerweise hinausgegangen wurde, wird
im Hauptsacheverfahren zu klären sein. Wir bestreiten dies jedenfalls.
Ziff. 6
Grundsätzlich ist gegen den Wunsch der Ast., auf ihren Internetseiten,
ggf. auch mithilfe von Links, den „Hintergrund ihrer Forschung darlegen“
sowie ihre „Ausbildungsherkunft“ darstellen zu können, nicht
einzuwenden. Im vorliegenden Fall war während des Zeitraums unserer Ermittlungen
die zum Erlass der beanstandeten Anordnung führten, jedoch keinerlei Hinweis
darauf erkennbar, dass die Links zu den Seiten des Herrn Joschko bzw. seines
Instituts lediglich der Hintergrund- und Herkunftsinformation dienen sollten
und im übrigen eine so ausreichende Distanz der Ast. Zu Herrn Joschkos
Darstellungen da sei, dass bei ihr nicht von Ausübung der Heilkunde im
Sinne des HprG oder einem entsprechenden Anbieten ausgegangen werden bzw. auch
bei potentiellen Klienten nicht der Eindruck einer Krankenbehandlung entstehen
konnte. Insbesondere einen „rechtlich einwandfreien disclaimer“
konnten wir bis dato und auch bei einem Aufruf der Site der Ast. (www.molnar-energy.de)
mit unserem technisch aktuellen Browser (Mozilla) am heutigen Tage nicht feststellen;
vielmehr war unter „Sitzungen“ wie schon bisher die Nennung einer
Vielzahl konkreter Krankheitsbilder und Krankengeschichten sowie ein Link zu
Herrn Joschkos Institut enthalten. Zu diesen Darstellungen konkreter Krankheiten
und deren Bedeutung haben wir uns bereits auf Bl. 47/48, 125 und 138 geäußert.
Ziff. 7
Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass unser angefochtener Bescheid,
insbesondere auch der hierin angeordnete Sofortvollzug, zulässig, begründet
und rechtmäßig ist.
Im Auftrag
Dobmeier
Verwaltungsoberinspektor
Anlage